Finanzkrise: Landkreise sehen Pflichtaufgaben in großer Gefahr
Nordost-Niedersachsen – Die finanzielle Lage ist vielerorts schon jetzt dramatisch: Kommunen in Niedersachsen steuern auf eine große Finanzkrise zu. Allein in den elf Landkreisen im Nordosten Niedersachsens werden die Schulden im Jahr 2028 auf mindestens 2,36 Mrd. Euro (Vergleich 2024: ca. 1,13 Mrd. Euro) ansteigen. Die Landrätin und Landräte der Landkreise Celle, Cuxhaven, Harburg, Heidekreis, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Osterholz, Rotenburg (Wümme), Stade, Uelzen und Verden fordern daher das Land in einem gemeinsamen Appell zum dringenden Handeln auf.
„Statt notwendige Investitionen für Schulen, Straßen und energetische Sanierung zu finanzieren, müssen Kommunen jetzt absehbar Konzepte zur Haushaltssicherung erarbeiten. Wir baden politische Versprechungen von Bund und Land aus, die nicht ausfinanziert sind“, beschreibt Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg und Vorsitzender der Landrätekonferenz Lüneburg-Stade die Situation.
Als Beispiele für die unkontrollierte Ausgabenentwicklung nennen die Hauptverwaltungsbeamten unter anderem gestiegene Transferleistungen im Sozialbereich und Aufwendungen der Eingliederungshilfe, die für einzelne kommunale Haushalte eine Mehrbelastung von 30 Prozent bedeuten.
Aufwendungen für Kindertagesbetreuung, aber auch Jugendhilfe, das Wohngeld PLUS oder die staatliche Aufgabenwahrnehmung für Lebensmittel- und Veterinärverwaltung stellen ebenfalls eine zunehmende finanzielle Belastung für die kommunale Seite dar, die bei weitem nicht auskömmlich finanziert ist.
Dass das Land Niedersachsen neben den vielen bereits genannten Beispielen – und da sind Themen wie Flüchtlingsunterbringung oder zusätzliches Personal für die steigenden Einbürgerungsverfahren nicht aufgeführt – zusätzlich seit Jahrzehnten den niedrigsten kommunalen Finanzausgleich pro Kopf aller 13 Flächenländer aufweist, fast 300 EUR je Einwohner unter Bundesdurchschnitt, ist eine weitere Erklärung für die Finanznot der Kommunen.
Deutlich gestiegene Personal-, Energie- und Herstellungskosten verschärfen die Situation zusätzlich. Die Landrätin und Landräte mahnen: Das Zusammenstreichen von freiwilligen Leistungen, die der Unterstützung von Vereinen oder gesundheitlichen Beratungsangeboten dienen, wird die Millionendefizite in keiner Weise auffangen, denn sie machen nur einen vergleichsweise kleinen Anteil an den Ausgaben in den Landkreisen und kreisfreien Städten aus. Sie sehen inzwischen auch die Erfüllung von Pflichtaufgaben zukünftig massiv gefährdet.
Die Konferenz begrüßt die Forderung des Niedersächsischen Landkreistags, Überschüsse des Landeshaushalts in zu erwartender Milliardenhöhe auch zur Linderung kommunaler Finanznöte zu verwenden, anstatt diese – wie im Vorjahr – der Landesrücklage zuzuführen. Mit Blick auf künftige Haushalte bedarf es ihrer Meinung nach jedoch einer grundsätzlichen Korrektur. „Es muss Schluss sein mit dem Abwälzen von Kosten für politische Versprechungen auf die Kommunen. Wir brauchen eine gerechtere Mittelverteilung im kommunalen Finanzausgleich. Die Streichung freiwilliger Leistungen zu Lasten des Gemeinwohls darf dafür keine Bedingung sein“, erklärt Rainer Rempe.
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