Vorlage - 2005/229
|
|
Anlage/n:
Beschlussvorschlag:
Die SPD-Kreistagsfraktion beantragt folgende Beschlussfassung
durch den Kreistag am 14.11.2005:
1. Der Landkreis Lüneburg
ermittelt bis spätestens 31.12.2005 im Rahmen der kommunalen Jugendhilfeplanung
den Bestand an freien Kindertagesstättenplätzen im Landkreis Lüneburg.
2. Im Einvernehmen mit
den Kindertagesstättenträgern wird eine kurzfristige „Gastkindbetreuung“ in den
Kindertagesstätten mit freien Plätzen im Landkreis Lüneburg ermöglicht. Dies
ist ein Angebot für Kinder, die nicht in Kindertagesstätten, sondern von den
Großeltern oder einer Tagesmutter betreut werden. Die Gastkinderbetreuung
springt gegen Bezahlung dann ein, wenn die normale Betreuung einmal nicht
funktioniert.
3. Damit die Eltern
wissen, in welchen Kindertagesstätten sie ihr Kind kurzfristig anmelden können,
ist vom Landkreis Lüneburg eine Servicestelle einzurichten, von der die
entsprechenden Adressen telefonisch oder per Homepage zu erhalten sind. Diese
Servicestelle, evtl. angelagert bei der Frauenbeauftragten des Landkreises
Lüneburg, hat gleichzeitig die Aufgabe, laufend den Bestand an freien
Kindertagesstättenplätzen zu aktualisieren und ggf. um weitere Kindertagesstätten
aus der Stadt Lüneburg zu erweitern.
Sachlage:
„Viele berufstätige Eltern kennen die Situation: Normalerweise
ist das Kind tagsüber bei den Großeltern oder der Tagesmutter gut versorgt.
Aber ab und zu kommt etwas dazwischen. Die Betreuungsperson wird krank, muss
verreisen oder ist anderweitig verhindert. Manchmal kommt diese Nachricht ganz
kurzfristig und Eltern haben nur einen Tag oder gar nur eine Stunde Zeit, die
Betreuung ihres Kindes neu zu regeln. Oft bedeutet das Stress. Kann ich auf die
Schnelle Urlaub nehmen – trotz des Termindrucks bei der Arbeit? Wen könnte ich
bitten, das Kind zu übernehmen? Und wie kommt das Kind wohl mit dieser Notlösung
zurecht? Die Gastkinderbetreuung ist dafür da, dass solche Situationen für
Kinder und Eltern entspannter gelöst werden können.
Die Gastkinderbetreuung ist als Lösung für einzelne Tage
gedacht. Für Betreuungen über längere Zeiträume ist die Gastkinderbetreuung
nicht die geeignete Form.
Familienfreundlichkeit ist ein zentraler Faktor für die
Zukunftsfähigkeit unseres Landkreises und gehört daher ins Zentrum unserer
Aufmerksamkeit. Damit berufstätige Frauen und Männer Familie und Beruf in
Notsituationen der Kinderbetreuung besser miteinander vereinbaren können,
brauchen wir auch im Landkreis Lüneburg das Betreuungsangebot der
Gastkindbetreuung.“
Ergänzende Sachlage vom 09.01.2006:
Nach Kenntnis der Verwaltung praktiziert zurzeit nur eine
Kindertagesstätte bzw. eine Gemeinde das durch den Antrag der
SPD-Kreistagsfraktion gewünschte Angebot an Gastkinderbetreuung. Dies ist
Ergebnis einer ersten nicht repräsentativen Anfrage in der Arbeitsgruppe
Kindertagesstättenwesen, in der Vertreter des Landkreises und der Gemeinden im
Landkreis Lüneburg, zusammenarbeiten. Von den anderen Gemeinden wurden
erhebliche fachliche und konzeptionelle Bedenken geäußert.
Die durch die Gemeinden und Träger von Kindertagesstätten
geäußerten Bedenken werden aus fachlicher Sicht von der Verwaltung geteilt.
Grundsätzlich geht die Verwaltung von einer Betrachtung der
Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen aus. Dies ist auch allgemein anerkannte
Sichtweise, die insbesondere im Rahmen der in den letzten Jahren und Monaten
geführten Bildungsdiskussion ihre Bestätigung fand.
Die Funktion und die Aufgabe der Kindertagesstätten als
Bildungseinrichtungen – und der zum Teil hohe personelle und sachliche Aufwand,
der von den Trägern in dieser Richtung betrieben wird – kollidieren mit dem
Anspruch, gleichzeitig auch hochflexible Betreuungsangebote zu machen und hier
im speziellen für Kinder, die nicht regelmäßige Nutzer der Einrichtung sind.
Die Kindertagesstätten im Landkreis Lüneburg unterscheiden sich
insoweit von speziellen für flexible Betreuung angedachten Angeboten wie zum
Beispiel Kaufhaus-Kindergärten (Ikea-Bälle-Bad). Insbesondere für Kinder, die
eine Kindertagesstätte nicht regelmäßig besuchen, ist eine stundenweise
Aufnahme in diese Einrichtungen mit einem erhöhten personellen Betreuungsbedarf
seitens der Einrichtung verbunden. Das „Gastkind“ steht in keinerlei Beziehung
und Bindung zu den anderen Kindern der jeweiligen Gruppe oder zu dem
Fachpersonal der Einrichtung. Der organisatorische und personelle Aufwand, der
für die Betreuung solcher Gastkinder dann erforderlich ist, zieht die Ressource
von der regulären Arbeit der Kindertagesstätte ab. Die Kurzfristigkeit der
Aufnahme von Gastkindern trägt hier im Übrigen zu einer Unwägbarkeit der
Planung von Tagesabläufen bei. Beides beeinträchtigt und behindert den
Bildungsauftrag der Einrichtungen.
Bei der hier dargestellten Bewertung durch die Verwaltung wird
davon ausgegangen, dass es sich bei den Gastkindern nicht um ehemalige Kinder
der Einrichtung handelt. Die Aufnahme von ehemaligen Kindern der
Kindertagesstätte ist in der Regel in Form eines Gastbesuchs in den meisten
Einrichtungen flexibel möglich. Es bedarf jedoch auch hier einer vorherigen
Absprache und Zustimmung der Einrichtung, die diese wiederum vor dem
Hintergrund der von ihr geplanten Aktivitäten trifft.
Um das Thema auf eine breite Informationsbasis zu stellen,
bietet die Verwaltung an, bei den Trägern von Kindertagesstätten im Landkreis
Lüneburg Haltungen bzw. Erfahrungen zu dem von der SPD-Fraktion gemachten Vorschlag
zu erfragen.
Bezüglich der Vermittlung von Betreuungsangeboten und dem
Vorschlag, dies ggf. über die Frauenbeauftragte des Landkreises zu
gewährleisten, weist die Verwaltung auf die in der letzten
Jugendhilfeausschusssitzung beschlossene Bezuschussung des Familienservices der
Koordinierungsstelle Frau und Wirtschaft und des ebenfalls beschlossenen
Vertrags mit dem Tagesmütterverein hin. Zusätzliche Vermittlungsagenturen
sollten aus Sicht der Verwaltung nicht noch etabliert werden.