Vorlage - 2013/060
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Beschlussvorschlag:
1. Dem Grundsatzbeschluss über die regionale Integration des Hochspannungsnetzes der E.ON Netz GmbH wird zugestimmt.
2. Der Abspaltung des Vertriebsgeschäfts der E.ON Avacon AG auf eine zusammengeführte, deutschlandweit tätige Vertriebsgesellschaft nach der „1-stufigen Variante“ (steueroptimiert) (nicht-verhältniswahrende Abspaltung) wird zugestimmt. Für den Fall fehlender Einstimmigkeit aller Aktionäre wird auch einer Abspaltung nach der „2-stufigen Variante“ (verhältniswahrende Abspaltung) zugestimmt.
3. Unabhängig vom Umsetzungsweg beteiligt sich der Landkreis Lüneburg n i c h t an der Zwischenholding Vertrieb, sondern erhöht ihre Beteiligung an der E.ON Avacon AG um den entsprechenden Wert, ggf. indem nachträglich ein „Tausch Vertrieb gegen Netz“ erfolgt.
4. Der Vertreter des Landkreises Lüneburg wird angewiesen, die Stimmrechte in der Hauptversammlung der E.ON Avacon AG entsprechend auszuüben und alle für die Umsetzung der Abspaltung erforderlichen oder zweckmäßigen Maßnahmen zu veranlassen, insbesondere auf eine zusätzliche Abspaltungsprüfung und auf Rechtsmittel (z. B. Anfechtungsklagen, Spruchverfahren) gegen den Abspaltungsbeschluss oder das Umtauschverhältnis sowie auf die Geltendmachung anderer Leistungen als der beschriebenen im Zusammenhang mit der Abspaltung zu verzichten.
Sachlage:
Die Bundesnetzagentur fordert von Energieunternehmen unter Berufung auf die Entflechtungsvorgaben, dem sogenannten „Unbundling“, eine klare Trennung des Vertriebsgeschäfts vom Netzgeschäft. Bisher sind unter dem Dach der E.ON Avacon AG die Aktivitäten des Vertriebs, des Netzbetriebs und des Kundenservices gebündelt.
Um den Forderungen der Bundesnetzagentur nachzukommen ist es erforderlich, die Vertriebsaktivitäten aus der E.ON Avacon AG herauszulösen und den Vertrieb künftig abzuspalten.
Ungeachtet dessen wird der Vertrieb in seiner heutigen Aufstellung auf Grund des unverändert scharfen Wettbewerbs und eines starken Preis- und Kostendrucks als dauerhaft nicht konkurrenzfähig eingeschätzt. Vertreter der Aktionäre der E.ON Avacon AG haben vor diesem Hintergrund Verhandlungen geführt wie der Vertrieb zukunftsfähig und kosteneffizient aufzustellen ist, um im Wettbewerb bestehen zu können. Ergebnis ist, das Vertriebsgeschäft aller E.ON-Regionalgesellschaften (edis AG, Hanse AG, Bayern AG und Avacon AG) und weiterer E.ON-Vertriebseinheiten auf eine zusammengeführte, deutschlandweit tätige E.ON-Vertriebsgesellschaft zu übertragen.
Für die geplante Abspaltung und Zusammenführung der Vertriebsaktivitäten ist u.a. die Zustimmung der kommunalen Aktionäre für die (prozentual geringere) Beteiligung an der integrierten Vertriebsgesellschaft erforderlich.
Die kommunalen Aktionäre haben signalisiert, dass sie sich nicht an einer solchen Vertriebsgesellschaft beteiligen und darüber hinaus starkes Interesse an der Ausweitung der Beteiligung am Netzgeschäft bekundet. Die E.ON hat in diesem Zusammenhang allen kommunalen Anteilseignern vorgeschlagen, ihre Beteiligung am Vertriebsgeschäft gegen zusätzliche, wertgleiche Anteile an der E.ON Avacon AG zu tauschen („Tausch Vertrieb gegen Netz“).
Parallel zu diesen Entwicklungen befindet sich die Energieindustrie in Deutschland im Wandel und tendiert hin zu mehr Dezentralität und Nachhaltigkeit. In den nächsten zwei Jahrzehnten wird sich der Anteil der dezentral erzeugten Energiemenge auf ca. 40% erhöhen. In den Bereichen „dezentrale Energien“ und „Netz“ werden zukünftig Wachstumschancen mit der Möglichkeit, die Energiewende vor Ort zu gestalten, erwartet.
Das Netz mit seinen stabilen Wachstumsaussichten soll daher neben dem Ausbau der dezentralen Erzeugung den Schwerpunkt der strategischen Ausrichtung der E.ON Avacon AG bilden.
In den geführten Verhandlungen wurde erreicht, dass die E.ON Avacon AG das in ihrem Gebiet liegende 110 kV-Hochspannungsnetz der E.ON Netz GmbH als Bindeglied zwischen Höchst- sowie Mittelspannung und Niederspannung übernimmt. Das 110 kV-Hochspannungsnetz als strategisch wichtiger Bestandteil des Stromnetzes wird im Zuge der Energiewende weiter an energiewirtschaftlicher Bedeutung gewinnen. Mit der vorgesehenen Teilübernahme (Erwerb) wird der regionale Ausbau des Stromnetzes zur Einspeisung dezentral erzeugter Energie künftig durch die E.ON Avacon AG und somit durch die kommunalen Anteilseigner mit gestaltet werden können, der dringend benötigte Ausbaubedarf im Bereich der Hochspannungsnetze und auf der Mittelspannungsebene kann forciert werden.
Die regionale Ausrichtung soll unterstrichen werden, indem die E.ON Avacon AG und ihre Tochtergesellschaft E.ON Wärme unter der regional bekannten Marke „AVACON“ auftreten. Damit wird die Forderung des Energiewirtschaftsgesetzes und der Bundesnetzagentur nach dem Ausschluss der Verwechslungsgefahr zwischen Vertrieb und Netz in Markenpolitik und Kommunikation (Name, Farbe und Logo) erfüllt. Die E.ON Avacon AG soll in AVACON AG und die E.ON Avacon Wärme GmbH künftig in Avacon Natur GmbH umbenannt werden. Die kommunalen Anteilseigner erhalten mit der Regionalisierung der Geschäftsaktivitäten der Avacon AG einen größeren Einfluss, der Anteil kommunaler Aktionäre steigt unter der Voraussetzung, dass alle kommunalen Anteilseigner vom Tauschangebot Gebrauch machen, von jetzt 31,29% auf bis zu 36,92% (Anteil Landkreis Lüneburg von 1,02% auf 1,20%).
Für den Standort Lüneburg mit seinem Ausbildungszentrum können sich im Zuge der bevorstehenden Veränderungen innerhalb der Avacon AG Entwicklungschancen auf den Gebieten „Bau und Betrieb von Anlagen zur Wärmeerzeugung“, „Kundenservice Netzbetrieb“ sowie „Ausbildung“ ergeben.
Für die bevorstehende Abspaltung des Vertriebsgeschäfts und den „Tausch Vertrieb gegen Netz“ (siehe oben) wurden die erforderlichen Bewertungen der Geschäftseinheiten von den externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften „BDO“, die von den kommunalen Anteilseignern beauftragt wurde, und „KPMG“ gutachterlich durchgeführt. Die Gutachter sind unabhängig voneinander mit ihren Teilbewertungen zu vergleichbaren Werten gekommen, bei kleinen Bewertungsunterschieden wurde der Mittwelwert vereinbart. Nur beim Vertrieb ist eine größere Wertdifferenz aufgetreten, welche die Gutachter nicht auflösen konnten. Vor diesem Hintergrund haben die Gutachter einen Anpassungsmechanismus (sog. „Besserungsschein“ oder „Fairness Opinions“) vereinbart. Sollte nach fünf Jahren Laufzeit ein höherer Vertriebswert als ursprünglich unterstellt festgestellt werden, haben die kommunalen Anteilseigner der E.ON Avacon AG einen Anspruch auf eine weitere Erhöhung ihrer Anteile von bis zu 1,5%-Punkten (inkl. rückwirkendem Dividenden- und Verzinsungsanspruch).
Die beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften KPMG und BDO haben in Form dieser Fairness-Opinions bestätigt, dass die zugrunde gelegte Bewertung mit dem darauf abgestimmten Besserungsschein zu einem angemessenen Umtauschverhältnis für die kommunalen Anteilseigner der E.ON Avacon AG führt und die Transaktion deshalb für alle Beteiligten fair im Sinne der einschlägigen Grundsätze des Instituts für Wirtschaftsprüfer (IDW S 8) ist.
Aufgrund dessen ist geplant, dass sämtliche Anteilseigner auf eine zusätzliche, kosten- und zeitintensive Spaltungsprüfung durch einen gerichtlich bestellten Spaltungsprüfer, also eine dritte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, verzichten. Diese Verzichtsmöglichkeit sieht das Umwandlungsgesetz ausdrücklich vor. Vor dem Hintergrund der erzielten Einigung sollen alle Anteilseigner darüber hinaus auf Rechtsmittel (z.B. Anfechtungsklagen, Spruchverfahren) gegen den Abspaltungsbeschluss oder das Umtauschverhältnis sowie auf die Geltendmachung anderer Leistungen verzichten. Dies dient einer beschleunigten Umsetzung der Abspaltung und stellt die Gleichbehandlung der Anteilseigner sicher.
Die Abspaltung des Vertriebsgeschäfts soll im Wege einer steueroptimierten „1-stufigen Variante“ erfolgen. Hierbei bekommen die kommunalen Anteilseigner bereits im Rahmen der Abspaltung entsprechende E.ON Avacon-Aktien aus dem Bestand der E.ON AG zugeteilt (Gleichzeitigkeit). Damit wird eine Steuerbelastung der Anteilseigner aus Realisierung stiller Reserven – vorbehaltlich einer positiven und derzeit laufenden länderübergreifenden Vorabstimmung mit der Finanzverwaltung – soweit wie möglich vermieden. Die Wahlmöglichkeit „Tausche Netz gegen Vertrieb“ oder „Verbleib in der zusammengeführten Vertriebsgesellschaft“ ist davon unberührt.
Unabdingbare Voraussetzung für dieses Verfahren (1-stufige Variante) ist die Zustimmung aller kommunalen Aktionäre.
Sollte eine solche einstimmige Mitwirkung aller Aktionäre nicht erfolgen, kann die Abspaltung nur als sog. „2-stufige Variante“ erfolgen: Im ersten Schritt werden zunächst alle kommunalen Aktionäre an der Vertriebsgesellschaft entsprechend ihrer Anteile an der E.ON Avacon AG beteiligt. Erst im darauf folgenden zweiten Schritt würden gemäß individuellem Wahlrecht die tauschwilligen Aktionäre ihre Vertriebsanteile in E.ON Avacon-Aktien tauschen und nicht-tauschwillige Aktionäre in der zusammengeführten Vertriebsgesellschaft verbleiben. Dieser Umsetzungsweg ist jedoch erheblich aufwändiger und für manche Aktionäre steuerlich nachteilig.
In der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Rechnungsprüfung, Personal und innere Angelegenheiten mit dem Wirtschaftsausschuss der Hansestadt Lüneburg am 10.04.2013, zu der auch die Mitglieder des Aufsichtsrates der Kurzentrum Lüneburg Kurmittel GmbH geladen werden, steht für weitere Informationen und Fragen u. a. der Vorstandsvorsitzende der E.ON Avacon AG, Herr Michael Söhlke, zur Verfügung.
Die Fairness-Opinion kann im Kreistagsbüro eingesehen werden.