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Abstimmung per Handzeichen in einer Kreistagssitzung.

Auszug - Aktuelle Informationen zu Hartz IV  

Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Sport, Sitzungssaal der Kreisverwaltung
TOP: Ö 6
Gremium: Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Sport Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Di, 23.05.2006    
Zeit: 14:30 - 17:25 Anlass: Sitzung
Raum: Sitzungssaal
Ort: Sitzungssaal Kreisverwaltung, Auf dem Michaeliskloster 4, 21335 Lüneburg
2006/089 Aktuelle Informationen zu Hartz IV
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Berichtsvorlage
Verantwortlich:Ratzeburg, ChristianAktenzeichen:50
Federführend:Sozialhilfe und Wohngeld   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Diskussionsverlauf:

Diskussionsverlauf:

Herr Ratzeburg händigt eine Übersicht über die Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II im Landkreis Lüneburg aus und erläutert diese. Seit Januar 2005 sind die Bedarfsgemeinschaften im Landkreis Lüneburg von 6.006 auf 7.877 im April 2006 gestiegen. Der Anstieg der Anzahl an Bedarfsgemeinschaften ist ein bundesweites Problem, wobei vergleichbare Landkreise wie der Landkreis Celle mit 180.000 Einwohnern 9.426 und der Landkreis Schaumburg mit 165.000 Einwohnern 7.620 Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II aufzuweisen haben. Aus dem Arbeitsmarktbericht des Landes Niedersachsen geht hervor, dass die Arbeitslosenzahl bei den Agenturen für Arbeit mit 9 % weniger als im Vormonat deutlich zurückging. Für den SGB II Bereich konnte zwar auch ein Rückgang verzeichnet werden, jedoch betrug dieser lediglich 1 %. Damit zählten im April rund 63 % aller Arbeitslosen zum Bereich des SGB II. Insgesamt konnten 34.280 Menschen in Niedersachsen durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ihre Arbeitslosigkeit im April beenden. Hiervon meldeten sich 25.242 Arbeitslose nach dem SGB III und nur 9.038 nach dem SGB II in Erwerbstätigkeit ab.

 

Ferner wurde über eine Novellierung des SGB II berichtet. Wesentliche Veränderung ist, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung für Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und umziehen, nur dann erbracht werden, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Kosten zugesichert hat. Eine Zusicherung ist zu erteilen, wenn

1.       der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden können,

2.       der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder

3.       ein sonstiger ähnlicher schwerwiegender Grund vorliegt.

Bezüglich der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe „schwerwiegende soziale Gründe“ und „ähnlich schwerwiegender Grund“ wurde mit der ARGE eine Vorgehensweise und Vorgaben abgesprochen, so dass grundsätzlich der persönliche Ansprechpartner bzw. der Teamleiter eigenständig Entscheidungen treffen aber auch insbesondere in Einzelfällen bei Bedarf einen Sozialarbeiter zu Rate ziehen kann. Darüber hinaus wird zukünftig die Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft (u.a. Personen unter 25 Jahre, die in dem Haushalt ihrer Eltern leben) 276,00 € anstatt bisher 345,00 € betragen.

 

Herr Ratzeburg berichtet weiter, dass seit dem 01.05.2006 auch im Leistungsbereich der ARGE auf einen persönlichen Ansprechpartner (pAp) umgestellt wurde. Insgesamt gibt es zurzeit 42 Sachbearbeiter/innen, die eigenständig für die ihnen zugewiesenen ca. 200 Fälle zuständig sind. Der Hilfeempfänger hat es zukünftig grundsätzlich mit demselben Sachbearbeiter zu tun. Die Umstellung erfolgte zum jetzigen Zeitpunkt, da erst jetzt alle Mitarbeiter so weit geschult sind, dass sie eine abschließende Sachbearbeitung durchführen können.

 

KVOR Wiese berichtet, dass diese Fallzahlensteigerung erhebliche Auswirkung auf die vom Landkreis aufzubringenden Kosten der Unterkunft haben wird. Zum 30.04.2006 sind bereits Ausgaben in Höhe von 10.573.000,00 € festzustellen. Wenn dieses Ergebnis (ohne Berücksichtigung ggf. anderer Änderungen) auf das Jahr 2006 hochgerechnet wird, ergibt sich ein Gesamtausgabevolumen von ca. 31,7 Mio. €. Dieses Ergebnis läge dann um ca. 3,5 Mio. € über dem Ausgabeansatz 2006. Dieser Mehraufwand wird zu 29,1 % durch Bundeszuschüsse gedeckt. Der Restbetrag ist aus dem Kreishaushalt zu finanzieren.

 

Diese Situation unterscheidet sich allerdings nicht von der Situation, die bundesweit festzustellen ist. Der Städtetag hatte erst kürzlich in einer Pressemitteilung beklagt, dass der KdU-Aufwand im ersten Quartal 2006 bereits mit 25 % über dem Vorjahresergebnis liegt.

 

So ist auch festzustellen, dass die Fallzahlenentwicklung in der ARGE Harburg (die ebenfalls im Einzugsgebiet der Lüneburger Agentur für Arbeit liegt) sogar noch über der Fallzahlenentwicklung der ARGE Lüneburg liegt. Es wird hier offensichtlich, dass das deutliche Missverhältnis zwischen offenen Stellen (521 laut Arbeitsmarktbericht Lüneburg für April 2006) und Arbeitslosen (9.856) auch keine deutlichen Veränderungen für die zukünftigen Monate erwarten lässt.

 

Hinzu kommt, dass von den Arbeitsagenturen mit großem Erfolg praktizierte job to job-Verfahren, mit dem erreicht werden soll, dass Menschen, deren Zeitverträge auslaufen oder die gekündigt werden, sich rechtzeitig vor Beginn der Arbeitslosigkeit bei den Agenturen melden, um ohne vorübergehende Arbeitslosigkeit sofort wieder in Arbeit vermittelt zu werden. Die in diesem (und insbesondere in Lüneburg mit großem Erfolg praktizierten) Verfahren besetzten Arbeitsstellen stehen dann nicht für die Vermittlung von Alg II-Empfängern zur Verfügung. Dies ist sicherlich eine für die Fallzahlen in den ARGEn unglückliche Entwicklung, aber auch kaum vermeidbar. Dies ist ein systemimmanenter Zielkonflikt, der nicht auflösbar ist.

 

Allerdings wird auch eine weitere Entwicklung bedeutsam: der Bund hat festgestellt, dass die Beteiligungsquoten der kommunalen Träger an den Personal- und Sachkosten der ARGEn bundesweit höchst unterschiedlich und nach seiner Auffassung nicht immer ausreichend hoch sind.

 

Nunmehr sind alle Agenturen angewiesen, mit den kommunalen Trägern in Verhandlungen über eine Anpassung/Erhöhung der kommunalen Sach- und Personalkostenanteile einzutreten. Für den Landkreis Lüneburg würde dies eine Erhöhung von 25 % ausmachen. Vor diesem Hintergrund sieht der Landkreis im Augenblick keine Notwendigkeit, zu einer Veränderung zu kommen. Im Extremfall könnte dies aber bedeuten, dass die Agentur gehalten sein wird, die ARGE-Vereinbarung zu kündigen, um Neuverhandlungen zu erzwingen. Hier wird der Landkreis dann sehr genau prüfen müssen, ob er zu neuen Konditionen abschließt oder, vergleichbar der Regelung in Celle und Uelzen, mit getrennter Aufgabenwahrnehmung arbeiten wird. Die Entwicklung sollte allerdings abgewartet werden und es sollten keine voreiligen Festlegungen in Verwaltung oder Politik erfolgen.

 

Vor dem Hintergrund aktueller Presseberichte über den nicht ordnungsgemäßen Einsatz einer so genannten 1 €-Kraft bei dem Paritätischen stellt KVOR fest, dass durch die Zusammenarbeit mit den Trägern job-sozial und profi weitgehend sichergestellt wird, dass ein Fehleinsatz  nicht erfolgt. Darüber hinaus findet eine regelmäßige Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer statt, um auch hier Transparenz im Miteinander zu schaffen.

 

Die Diskussion um die Führerschaft in den ARGEn wird auch weiterhin bundesweit geführt. In Lüneburg ist der Verwaltungsrat als Entscheidungsgremien nach wie vor paritätisch besetzt. Im Landkreis Harburg wird die Kommune die Führung übernehmen. Insoweit wird es interessant sein, zu beobachten, in welcher Weise diese beiden Modelle, die dann mit der gleichen Agentur geführt werden, funktionieren und im Vergleich miteinander bestehen.

 

Abschließend trägt Herr Ratzeburg vor, dass zwei weitere Stellen zur Missbrauchskontrolle ausgeschrieben wurden. Insgesamt wären dann vier Missbrauchskontrolleure für die ARGE Lüneburg tätig. Der Landkreis Lüneburg ist bei der Missbrauchskontrolle sehr erfolgreich und über den Kreisgrenzen hinaus bekannt, so z.B. durch den aktuellen Artikel im Hamburger Abendblatt.

 

Über die nachweislichen Erfolge der vorhandenen Missbrauchskontrolleure, wobei der zweite Missbrauchskontrolleur erst seit 01.02.2006 für die ARGE tätig ist, weiß Herr Ratzeburg folgendes zu berichten: Bei 108 überprüften Anträgen auf einmalige Leistungen (Erstausstattung für die Wohnung, Erstausstattung für Bekleidung einschließlich bei Schwangerschaft und Geburt) wurde im Zeitraum vom 01.12.2005 bis 30.04.2006 eine Ersparnis von 51.455,00 € für den kommunalen Träger erzielt. Insgesamt waren hier 96 Überprüfungen erfolgreich. Bei der Überprüfung (51) von eheähnlichen Gemeinschaften waren ca. 50 % erfolgreich, wobei dies eine Ersparnis von 5.100,00 € monatlich für den kommunalen Träger (und zusätzlich 6.706,00 € für die Bundesanstalt) bedeutet. Es kann eine tatsächlich erfolgte Einsparung nicht beziffert werden, da das eigentliche Ende des Leistungsbezuges nur angenommen werden kann. Selbst bei einem angenommenen Zeitraum von sechs Monate (Regelbewilligungsabschnitt) würde es hier zu einer Ersparnis von 30.000,00 € allein für den kommunalen Träger kommen. Hierbei wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass der Hilfeempfänger ggf. über Jahre hinweg diese Leistungen hätte missbräuchlich beanspruchen können. Ferner wurden 28 weitere Überprüfungen vorgenommen. Bei diesen sonstigen Ermittlungen (z.B. verschwiegene Aufenthaltsverhältnisse, Scheinwohnungen, nicht genannte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften und Untermietverhältnisse) kam es zu einer monatlichen Einsparung von knapp 3.000,00 € beim kommunalen Träger (3.350,00 € bei der Bundesanstalt). Umgerechnet auf einen sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt gebe dieses ebenfalls eine Ersparnis von 18.000,00 € halbjährlich, wobei auch hier das tatsächliche Bewilligungsende offen bliebe.

Beschluss:

Beschluss:

Der Ausschuss nimmt die verwaltungsseitigen Ausführungen zur Kenntnis.

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