Auszug - Abwägungsprozess im Zusammenhang mit der Festsetzung der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2024, Finanzsituation des Landkreises Lüneburg und der kreisangehörigen Gemeinden
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Wortprotokoll Beschluss |
KVOR Mennrich stellt zunächst mit einer Präsentation die Finanzdaten des Landkreises und der kreiseigenen Gemeinden vor. Die Präsentation ist dem Protokoll beigefügt.
Samtgemeindebürgermeister Luhmann nimmt als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Hauptverwaltungsbeamten Stellung zu den Ausführungen von KVOR Mennrich. Herr Luhmann bedankt sich für die Möglichkeit in diesem Gremium zu sprechen, um die Dinge auch von einer anderen Seite zu beleuchten, als dies in der dargestellten Zusammenfassung der Finanzdaten erfolgt sei. Er habe bewusst in seiner folgenden Zusammenfassung die Hansestadt herausgenommen, da diese alleine von ihren Aufgabenstellungen und zu leistenden Aufgaben eine besondere Stellung einnehme. Auch über den Lüneburg-Vertrag habe die Hansestadt Sonderregelungen und sei daher mit den anderen Kommunen nicht vergleichbar.
Aus der Zusammenstellung der Finanzdaten der Kommunen könne entnommen werden, dass in den Ergebnishaushalten 2021/2022 deutlich bessere Ergebnisse erzielt worden seien, als dies zunächst in den Ansätzen dieser Jahre prognostiziert wurde. Es sei von den Gemeinden (ohne Landkreis und Hansestadt) prognostiziert worden, dass Defizite in Höhe von 2,5 Mio. Euro im Haushalt 2021 erwirtschaftet würden. Am Ende sei ein Überschuss von 15 Mio. Euro erreicht worden. Es müsse sich aber angeschaut werden, was mit diesem Mehrergebnis eigentlich passiert sei. Der Finanzhaushalt habe sogar noch ein viel besseres Ergebnis, da dort Abschreibungen herausfielen und alles was nicht finanzwirksam sei. Das Ergebnis liege dort dann bei einem Überschuss ca. 25 Mio. Euro. Dann müsse sich angeschaut werden, in welcher Höhe Investitionen bei den Kommunen getätigt worden seien. Es seien 58 Mio. Euro für Investitionen bei den Kommunen angedacht gewesen. Tatsächlich seien nur Investitionen für 18 Mio. Euro umgesetzt worden. Dies bedeute, dass 40 Mio. Euro „im Köcher“ geblieben seien. Auch die Darlehensaufnahmen seien entsprechend geringer ausgefallen. Es seien vorwiegend die Investitionen durchgeführt worden, welche aus den eigenen Mitteln erwirtschaftet werden konnten. Den Kommunen sei gesetzlich vorgeschrieben, dass immer die kurzfristigen Mittel für langfristige Investitionen ausgegeben werden müssen, bevor Kredite aufgenommen werden dürften. Dies bedeute der Finanzrahmen sei nur soweit ausgeschöpft worden, wie auch die finanziellen Mittel vorhanden gewesen seien, weshalb die Kommunen im Jahr 2021 auch noch eine vermeintlich stabile Finanzlage hatten.
In 2022 habe dies genauso ausgesehen. 14 Mio. Euro Überschüsse, statt eines geplanten Defizites in Höhe von 12 Mio. Euro. Auch hier wurden Investitionen in Höhe von 71 Mio. Euro angesetzt und tatsächlich nur 31 Mio. Euro umgesetzt. Dies sei wieder ein Delta von 40 Mio. Euro. Die Ergebnishaushalte seien weitestgehend stabil gewesen.
Jetzt aber der Sprung zum Jahr 2023, auch wenn die Daten noch Schätzungen und Hochrechnungen seien. Es sei ein Defizit in Höhe von insgesamt 19 Mio. Euro für alle Kommunen prognostiziert worden. Jetzt liegen die Kommunen bei einem voraussichtlichen Defizit von ca. 9 Mio. Euro, was eine Verbesserung von ca. 10 Mio. Euro darstelle. Es sei aber immer noch so, dass es unter dem Strich ein Ergebnis im Minus sei. Dies sei nicht hinnehmbar, da jetzt kein Geld mehr für direkte Investitionen vorhanden sei und Kreditfinanzierungen auch nicht mehr bedient werden könnten. Die Sorge, wie mit dieser Situation umzugehen sei, treibe die Gemeinden um. Es habe zwar zusätzliche Finanzausstattungen von Seiten des Landes gegeben, diese seien jedoch nicht planbar. Es sei natürlich gut, wenn mehr Geld komme, aber für die Finanzplanung und das gesamte Handling sei dies schwierig. Es sehe dann beim Haushaltsabschluss so aus, als sei nicht vernünftig gewirtschaftet oder kalkuliert und an den falschen Stellen gespart worden. Aber es sei ja vorher nicht bekannt gewesen, dass diese Mittel zu Verfügung stünden. Zudem sei vom Gesetzgeber den Unternehmen zugestanden worden, ihre Gewerbesteuervorauszahlungen auf Null zu setzen, ohne dies nachweisen zu müssen. Dies werde durch Jahresabschlüsse jetzt nachgeholt und bringe den Gemeinden jetzt nachträgliche Steuereinahmen. Diese kämen meistens im letzten Quartal des Jahres. Auch nicht eingetretene Kosten würden eine Rolle spielen. Zum Beispiel wären Personalkosten in geringerem Umfang entstanden, weil die Gemeinden einfach kein Personal bekämen. Die Kommunen könnten dadurch ihre Leistungen nicht erbringen. Darüber hinaus seien hohe Energiekosten eingeplant worden. Diese seien dann durch die getroffenen Maßnahmen niedriger ausgefallen.
2023/2024 sei kaum noch kalkulierbar. Es seien einfach zu viele Fragezeichen. Welchen Investitionsstau gibt es? Welche zusätzlichen Aufgaben vom Bund oder Land wird es geben? Stichwort: Ganztagsbetreuung, Heizung oder Klima. Welches Personal soll diese ganzen Aufgaben leisten? Es sei bereits jetzt schon zu wenig qualifiziertes Personal vorhanden. Und woher soll das Geld dafür kommen? Wohin sollen sich die Kommunen ausrichten? Letztlich müsste gesagt werden, dass das Finanzausgleichsgesetz geändert werden müsste. Dieses werde aber nicht gelingen.
Es gehe darum, sich gemeinsam auf den Weg zu machen und eine bestimmte Konnexität einzufordern. Das Konnexitätsprinzip ist ein Grundsatz im Staatsrecht, der besagt, dass Aufgaben- und Finanzverantwortung jeweils zusammengehören. Die Instanz, die über eine Aufgabe entscheidet, ist auch für die Finanzierung zuständig. Es seien alle Möglichkeiten gemeinsam auszuschöpfen, um diese Konnexität einzufordern. Dieses gelte auch zwischen Landkreis und Kommunen. Es müsse immer gesagt werden, wer für eine Aufgabe zuständig und was davon umlagefähig sei. Dies müsse gemeinsam noch einmal ausgemacht werden. Es sei wichtig in eine Aufgabenkritik zu kommen, Stichwort: „Pflichtaufgaben first“. Es gebe vieles, was zu wünschen sei, aber zuerst müssten die Pflichtaufgaben erfüllt werden. Und dazu müssen diese Aufgaben definiert und ein Ranking für diese erstellt werden. Dies werde so von den Gemeinden empfohlen, da die Aufgabenlast gemeinsam getragen werden müsse. Es werde daran gearbeitet weitere Einnahmequellen zu finden und es werde von den Gemeinden alles versucht, eine Stabilität zu erreichen. Jetzt sei aber ein Punkt erreicht, wo die Bemühungen nicht mehr ausreichen. Die Kommunen stünden am Rande ihrer Kapazitätsgrenzen. Es gehe daher nicht nur darum die Kreisumlage zu verhandeln. Es gehe darum, nur das von den Kommunen an Leistung abzufordern, was diesen auch an Aufgaben zugeteilt sei. Deshalb verstehe er Landkreis und Kommunen auch als gemeinsames Team, von dem diesem dieses Problem gemeinsam zu lösen sei. Es sei wichtig sich auf andere Wege zu begeben und andere Schritte anzugehen, um gemeinsame Lösungen zu finden. Frei nach Henry Ford „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“ Deshalb müssen andere Wege beschritten werden. Es sei eine ganze Menge was die Kommunen können, es müsse aber getan werden - und es müsse zusammen getan werden.
Stellvertretende Vorsitzende Walter bedankt sich für die Ausführungen und Hinweise von Samtgemeindebürgermeister Luhmann.
KTA Dr. Schulze merkt an, dass die Prognosen der Gewerbesteuer für die nächsten Jahre durchaus schwierig seien. Er möchte von Samtgemeindebürgermeister Luhmann wissen, wie er in den Gesprächen mit den Unternehmen seiner Gemeinden die Stimmung bei diesen einschätze.
Samtgemeindebürgermeister Luhmann antwortet, dass er nicht für alle sprechen könne, aber bei den Unternehmen im Bereich Bardowick sei die Stimmung gemischt. Es gebe Unternehmen, welche von den Energiepreisen geknebelt seien oder sich an langlaufenden Ausschreibungen beteiligt hätten. Deshalb bestünden Lücken in ihren Kalkulationen. Es gebe aber auch Unternehmen, welche durchaus optimistisch seien. Je nachdem in welchem Bereich die Unternehmen tätig seien. Erfahrungsgemäß werde die Gewerbesteuer, deren Steuerlast immer mit Zeitversatz käme, in 2024 nach seiner Ansicht nicht das Problem werden. Danach kämen dann die Ergebnisse der Jahre 2023/ 2024 und dann müsse geschaut werden, wie es aussehe.
KTA Graff fragt, wie sich Samtgemeindebürgermeister Luhmann die neue verbesserte Zusammenarbeit vorstelle.
Samtgemeindebürgermeister Luhmann antwortet, dass die Vorstellung der Gemeinden sei, gemeinsam über Themen zu reden und in einzelne Positionen auch mit einbezogen zu werden. Wenn der Landkreis eine Veränderung plane, möchten die Gemeinden die Möglichkeit haben, zu möglichen Auswirkungen Stellung zu beziehen.
KTA Kamp bedankt sich bei Herrn Luhmann und weist darauf hin, dass auch im letzten Jahr die Haushaltsabstimmung sehr schwierig war. Dies werde in diesem Jahr nicht besser, sondern eher noch schwieriger werden. Auch der Landkreis sei auf der Suche nach Wegen aus der Misere. Die meisten Kreistagsabgeordneten seien ja auch Kommunalvertreter vor Ort und wüssten um die Finanzsituation der Gemeinden. Auch die Wirkung von Maßnahmen des Landkreises auf die Gemeinden sei den meisten Abgeordneten sehr bewusst. Das Angebot für gemeinsame Beratungen werde die Kreispolitik gerne aufnehmen, da in diesem Jahr viel kreativer hingeschaut werden müsse, als in den letzten Jahren. Auch bei den Kreistagsabgeordneten seien die Zahlen ja noch nicht bekannt, da die Haushaltseinbringung erst am 12. Oktober erfolge. Er gehe von einer schwierigen Situation aus, aber er bedanke sich deshalb auch für die Bereitschaft gemeinsam daran zu arbeiten.